Empathischer Stress – können Anspannung und Belastung ansteckend sein?

©-HaywireMedia-FotoliaGähnen ist ansteckend, das ist schon lange bekannt und jeder wird dieses Phänomen wohl schon einmal am eigenen Leib miterlebt haben. Dass jedoch auch der gestresste Zustand, in dem Menschen sich während angespannter Situationen häufig befinden, bei purer Beobachtung übertragbar sein soll, das fanden Forscher erst kürzlich heraus.

Ansteckender Stress

Die Max-Planck-Gesellschaft konnte in einem groß angelegten Stresstest ermitteln, dass Probanden offensichtlich bereits durch das bloße Betrachten anderer Gestresster ebenfalls in eine ähnliche körperliche Stressreaktion geraten. Demnach wird das Stresshormon Kortisol schon durch das Betrachten ausgeschüttet – Forscher sprechen dabei von dem sogenannten „Empathischen Stress“. Besonders betroffen sind den Ergebnissen nach Personen, die sich in einer Paarbeziehung zu gestressten Person befinden und das Geschehen in unmittelbarer Umgebung durch ein Fenster oder eine Glasscheibe beobachteten. Doch selbst auf Bildschirmen dargestellte Personen sorgten bei einigen Testteilnehmern für eine erhöhte Stresshormon-Ausschüttung. Gerade in einer Zeit, in der Stress als einer der wichtigsten Krankheitsauslöser gilt, ist der empathische Stress daher ein nicht zu vernachlässigender Faktor für das Gesundheitswesen. So verursacht er unter anderem verschiedene psychische Probleme wie Depressionen, Burnouts oder auch Angstzustände und selbst relativ entspannte Personen kommen gezwungenermaßen immer wieder mit Stress in Berührung. Ganz gleich, ob der Kollege auf der Arbeit oder einfach nur ein Reporter im Fernsehen, irgendwo hat irgendwer immer Stress, der sich nur allzu leicht auf sich selbst projizieren lässt. Das zeigt sich nicht nur gefühlt, sondern auch in Form von einer gemessen höheren Konzentration an Kortisol.

Mehr Stress bei stärkerer Bindung

Die Studie der Forscher setzte die Probanden vor schwierige Kopfrechenaufgaben und erforderte das Absolvieren von Bewerbungsgesprächen. Gleichzeitig wurde das Verhalten von zwei Verhaltensanalysen beurteilt, sodass die Testpersonen unter Stress gesetzt wurden. Die Resultate zeigten, dass lediglich fünf Prozent der Teilnehmer noch immer ruhig und entspannt blieben, während die anderen eine deutliche Erhöhung des Kortisol-Spiegels nachwiesen. Diese Gruppe von aktiven Testpersonen wurde gleichzeitig noch von einer weiteren Gruppe beobachtet, die selbst keine Aufgabe bekam – auch hier wurde jedoch bei immerhin 26 Prozent der Teilnehmer ein Anstieg des Hormons gemessen.

  • Gerade bei partnerschaftlichen Beziehungen war dieser Effekt besonders stark vertreten, sodass hier rund 40 Prozent der Beobachter auffallend reagierten.

  • Bei völlig fremden Menschen sprang der Stress hingegen auf immerhin noch 10 Prozent der Besucher über.

Auch hier zeigen sich übrigens deutliche Ähnlichkeiten zum Gähnen, denn zwischen dem Mitgähnen und emotionaler Nähe wurde vor Jahren ebenfalls ein Zusammenhang gesehen. Bei Familien war die Ansteckungsgefahr demnach am größten, danach kamen Freunde und erst dann völlig Fremde.

Test zeigte weitere Resultate

Anhand des Tests des Max-Planck-Instituts wurde außerdem deutlich, dass das Vorurteil, Frauen würden empathischer als Männer sein, bisher nicht bestätigt werden konnte. In Zukunft sollen weitere Tests und Versuche dafür sorgen, dass genauer herausgefunden werden kann, wie genau der Stress übertragen wird und vor allem, was genau werden kann, um seinen negativen Einfluss zu verringern.

Bildquelle: ©-HaywireMedia-Fotolia

Autorin: Denise Orlean (Google+ Profil)

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